Aktualisiert am: 12.03.2024

Erektile Dysfunktion: ein Überblick

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Geschrieben von
M.D. Neil A. Halder, Facharzt für Urologie, Subspezialität: Uro-Onkologie
Rezensiert von
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M.D. Neil A. Halder, Facharzt für Urologie, Subspezialität: Uro-Onkologie

Mehr als die Hälfte aller Männer leidet in gewissem Maße an ED. Durch sexuelle Stimulation werden Signale vom Gehirn an den Penis weitergeleitet, die dazu führen, dass sich das schwammartige Gewebe im Penisschaft mit Blut füllt. Eine Unterbrechung dieses Prozesses führt zu ED, die durch Schwierigkeiten gekennzeichnet ist, überhaupt eine Erektion zu bekommen, sie lange genug für ein vollständiges sexuelles Erlebnis aufrechtzuerhalten oder zwar eine Erektion zu bekommen, aber nicht dauerhaft. Eine Vielzahl von Faktoren ist an der Entwicklung von ED beteiligt: körperliche Bedingungen, psychologische Ursachen und Lebensstil Entscheidungen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Bereiche der ED, einschließlich möglicher Behandlungsoptionen.

Wie häufig kommt ED vor?

Forschungsstudien haben ergeben, dass 52 % der Männer in gewissem Maße an ED leiden. [1] Etwa 10 % der Männer zwischen 40 und 70 Jahren haben eine schwere oder vollständige ED, wobei die Prävalenz mit dem Alter von 5 bis 15 % in dieser Altersgruppe zunimmt. [1,2] Auch jüngere Männer sind von der Krankheit betroffen: 10 bis 15 % der Männer unter 40 Jahren leiden an ED. [2]   

Was sind die Symptome der ED?

Zu den Symptomen der ED gehören, dass man überhaupt keine Erektion bekommen kann, dass zwar eine Erektion entsteht, diese aber nicht lange genug aufrechterhalten kann, um Sex zu haben, oder dass man zwar gelegentlich eine Erektion bekommen kann, diese aber nicht durchgängig während sexueller Interaktionen halten kann.

Diese Symptome können je nach der zugrundeliegenden Ursache plötzlich oder allmählich auftreten. Sie können auch intermittierend sein - vorübergehende ED - oder kontinuierlich - langfristige ED.

Wie entsteht eine Erektion

Der Penis besteht aus zwei Säulen aus schwammartigem Gewebe, die sogenannten Schwellkörper, die entlang des Penisschafts verlaufen. Wenn der Penis weich ist, enthalten sie nur eine geringe Menge Blut - genug, um das Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Bei sexueller Erregung senden die Nerven Signale aus, welche die Arterien anweisen, sich zu öffnen, wodurch der Blutfluss in die Schwellkörper zunimmt und sie sich mit Blut füllen. Die Venen im Penis werden durch zusätzlichen Druck, der durch das zusätzliche Blut entsteht, zusammengedrückt, so dass das Blut nicht abfließen kann. Nach dem Orgasmus erschlafft der Penis, wenn sich die Muskeln zusammenziehen und das Blut wieder in den Kreislauf zurückfließt.

Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?

Wenn die Symptome einer ED immer häufiger auftreten, ist es ratsam, einen Arzt zu konsultieren. ED könnte die Folge einer zugrundeliegenden Erkrankung sein, welche durch den Urologen anhand der passenden Untersuchung festgestellt werden kann. Da mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kann der Arzt feststellen, welche am besten geeignet ist.

ED kann sich negativ auf das Wohlbefinden eines Mannes auswirken und dabei die Stimmung beeinträchtigen. Sie kann auch zu Spannungen in einer Beziehung führen. Ein Gespräch mit einem Arzt kann helfen, die durch ED verursachte psychische Belastung zu bewältigen.

Zugrundeliegende Ursachen der ED

Die Ätiologie der ED ist vielfältig und kann auf eine medizinische oder psychologische Grunderkrankung zurückzuführen sein. Oft wurde angenommen, dass ED bei jungen Männern fast ausschließlich auf psychogene Ursachen zurückzuführen ist, aber Studien haben gezeigt, dass bei mindestens 15-20 % eine körperliche Ursache zugrunde liegt. [3]. 

Körperliche Ursachen

Die körperlichen Ursachen für ED sind vielfältig. Folgende Erkrankungen können als Ursache gelten:

Vaskulär (die Blutgefäße betreffend)
1. Hypertonie (Bluthochdruck)
2. Verstopfte Arterien
3. Diabetes (hoher Blutzucker)

Diese drei Erkrankungen führen zu einer Verengung der Arterien im Penis, wodurch der Blutfluss zum Schwammgewebe, welches für die Erektion verantwortlich ist, verringert wird [4]. 

Neurologisch (die Nerven betreffend)
1. Multiple Sklerose
2. Epilepsie

Die Unterbrechung der Nervensignale vom Gehirn zum Penis beeinträchtigt die Fähigkeit der Arterien, sich zu öffnen und den Blutfluss zu ermöglichen.

Hormonell
1. Niedriger Testosteronspiegel
2. Medikamenten- oder Drogenmissbrauch
3. Alkoholexzesse
4. Rauchen
5. Freizeit Drogen
6. Medikamente zur Behandlung anderer Krankheiten, z. B. Antidepressiva, Finasterid und Medikamente gegen die Parkinson-Krankheit

Alkohol kann durch die Auswirkungen einer akuten Vergiftung (Unterbrechung der Nervensignale zwischen Gehirn und Penis, Dehydrierung und Störung der Hormonausschüttung, die die Fähigkeit des Penis sich zu verhärten, beeinträchtigen kann und [5]) eine vorübergehende ED verursachen, oder bei chronischem und starkem Alkoholkonsum eine langfristige ED zur Folge haben(Alkohol kann eine toxische Wirkung auf das Nervensystem haben [6]).

Viele Medikamente können als Nebenwirkung ED hervorrufen. Möglicherweise gibt es Alternativen, aber die Umstellung auf ein anderes Medikament sollte von einem

Operationen oder Trauma

1. Prostataoperation
2. Beckentrauma
3. Verletzung der unteren Wirbelsäule

Ein Trauma oder eine Operation kann zu einer direkten Schädigung der Nerven führen, wodurch die Signale an den Penis unterbrochen werden. Bei Beckenfrakturen ist das ED-Risiko höher, wenn auch die Harnröhre (die Röhre, die die Blase mit der Penisspitze verbindet) verletzt ist. [7]

1. Sonstige

2. Peyronie-Krankheit - Ablagerungen von Narbengewebe im Penis (nach einem Penistrauma oder als Folge von Diabetes) können die Blutzufuhr blockieren und eine Verhärtung verhindern.

Die Symptome der ED, die auf eine körperliche Ursache zurückzuführen sind, entwickeln sich oft allmählich und zeigen eine konstant schlechte Reaktion auf sexuelle Stimulation.

Psychologische Ursachen

Eine ED kann psychogene Ursachen haben, wenn die Symptome plötzlich auftreten, intermittierend sind und eine Erektion im Schlaf weiterhin auftritt. Mögliche Ursachen sind:

1. Stress
2. Angstzustände
3. Depressionen
4. Beziehungsprobleme

All diese Faktoren können das Verlangen nach Sex verringern und es schwierig machen, in Situationen die normalerweise sexuell erregend sind, eine Erektion zu bekommen.Stress und Angst werden mit einem erhöhten Hormonspiegel in Verbindung gebracht, welcher zu einer Verengung der Arterien führt und den Blutfluss zum Penis verringert.

Behandlungsmöglichkeiten

Es gibt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, angefangen  von der Änderung des Lebensstils bis hin zur Operation. Die Behandlungen hängen weitgehend von der zugrundeliegenden Ursache ab und nicht jede ist  für jeden geeignet. Sie sollten die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten mit Ihrem Arzt besprechen, der Ihnen bei der Auswahl der richtigen Behandlung zur Seite steht. Die Behandlung des emotionalen Aspekts der ED und aller psychologischen Faktoren, die dazu beitragen, kann helfen, das Stimmungstief zu lindern. Eine Überweisung an einen Psychotherapeuten kann dabei von Nutzen sein.

Änderungen des Lebensstils

Es wird angenommen, dass eine Gewichtsabnahme die Symptome der ED bei übergewichtigen Männern verbessern kann. Forschungen haben gezeigt, dass sich die Symptome bei einem Drittel der fettleibigen Männer im Alter von 35 bis 55 Jahren mit ED nach einer Gewichtsabnahme verbessern. [8] Auch eine erhöhte körperliche Betätigung wird mit einer Verbesserung der Symptome in Verbindung gebracht. [9]

Das Rauchen aufzugeben und den Alkohol- und Drogenkonsum zu reduzieren, kann die ED-Symptome ebenfalls verbessern.

Ein Arzt kann alle Medikamente evaluieren, bei denen ein Zusammenhang mit ED vermutet wird und sie gegebenenfalls durch eine Alternative ersetzen.

Medizinische Behandlungen

Medikamente

Phosphodiesterase-Typ-5-Hemmer sind oral einzunehmende Medikamente, welche die Durchblutung des Penises verbessern und zur Erektion beitragen, wenn sie ein oder zwei Stunden vor dem Sex eingenommen werden. Sie wirken  indem sie die Muskelentspannung in den Schwellkörpern verbessern, so dass sich mehr Blut ansammeln kann. Sildenafil (Viagra®) ist ein bekanntes Beispiel, aber auch andere Medikamente aus derselben Kategorie können hier helfen. Die glatte Muskulatur in anderen Teilen des Körpers wird ebenfalls beeinflusst, was zu Nebenwirkungen wie Gesichtsrötung, Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen und verstopfter Nase führen kann.

Vakuumpumpen

Vakuumpumpen sind Röhren, die über den Penis gestülpt werden und dicht am Körper anliegen. Die Pumpe erzeugt ein Vakuum, wodurch körpereigenes Blut in den Schaft fließt. Sobald der Penis hart ist, kann ein Gummiring um die Basis gelegt werden, um die Erektion aufrechtzuerhalten.

Eine Testosteronbehandlung kann demjenigen helfen, der aufgrund eines niedrigen Testosteronspiegels an ED leidet, sie verbessert jedoch nicht die Symptome bei Männern mit normalen Werten. Die Behandlung ist mit vielen möglichen Nebenwirkungen verbunden - einschließlich Bluthochdruck, Prostata Störungen und eingeschränkter Fruchtbarkeit -, welche vor Beginn der Behandlung bedacht werden müssen.

Alprostadil ist ein Medikament, das entweder direkt in den Penis gespritzt oder in Form eines kleinen Kügelchens in die Harnröhre eingeführt werden kann. Eine mögliche Nebenwirkung ist Priapismus - der Penis bleibt über einen längeren Zeitraum erregt und schmerzt. Priapismus ist ein Notfall, der sofortige medizinische Hilfe erfordert.

Operationen

Penisimplantate sind eine Option bei ED, wenn keine der aufgeführten Therapien zum Erfolg führt. Sie sind auch eine Option für diejenigen, die aufgrund einer Nervenschädigung nach einer Prostataoperation unter ED leiden. Die Implantate können biegsam  (sie sind immer halbstarr, können aber zum Urinieren nach unten oder zum Sex nach oben positioniert werden) oder aufblasbar (sie werden mit einem kleinen Flüssigkeitsreservoir und einer Pumpe im Hodensack gefüllt)sein.

Weitere Schritte

Health&Go hat einen umfassenden Leitfaden mit vielen Informationen über ED erstellt, einschließlich weiterer Einzelheiten zu den in diesem Artikel behandelten Themen. Lesen Sie in vielen anderen Artikeln in unserem Leitfaden um mehr über diese Krankheit zu erfahren.

Bedenken hinsichtlich einer erektilen Dysfunktion sollten mit einem Arzt besprochen werden, der in der Lage ist eine umfassende Beurteilung vorzunehmen und geeignete Behandlungen anzubieten. Wenn es einen beeinflussbaren Faktor gibt, der die Symptome verursacht, wie z. B. Alkoholkonsum, kann eine Reduzierung dieses Faktors die Symptome lindern. Dabei  ist es wichtig zu beachten, dass Medikamente, die möglicherweise eine ED verursachen, nicht ohne direkte Anweisung eines Arztes abgesetzt werden dürfen.

 

Quellen:

[1] Feldman HA. et al. Impotence and its medical and psychosocial correlates: results of the Massachusetts Male Aging Study. J Urol. 1994; 151(1):51-61. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8254833/

[2] Boston University School of Medicine 2002, Epidemiology of ED, Boston University School of Medicine, viewed 18 February 2022, https://www.bumc.bu.edu/sexualmedicine/physicianinformation/epidemiology-of-ed/

[3] Papagiannopoulos D., Khare N & Nehra A. Evaluation of young men with organic erectile dysfunction. Asian J Androl. 2015;17(1):11-16 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4291852/

[4] NHS 2021, Erectile Dysfunction (impotence): About erectile dysfunction. NHS Inform, viewed 19 February 2022, https://www.nhsinform.scot/illnesses-and-conditions/sexual-and-reproductive/erectile-dysfunction-impotence#about-erectile-dysfunction

[5] SMSNA For Patients 2022, Alcohol and temporary erectile dysfunction, SMSNA For Patients, viewed 18 February 2022, https://www.smsna.org/patients/did-you-know/alcohol-and-temporary-erectile-dysfunction

[6] Arackal B.S & Benegal V. Prevalence of sexual dysfunction in male subjects with alcohol dependence. Indian J Psychiatry. 2007;49(2):109-12. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2917074/

[7] Johnsen NV, et al. Erectile dysfunction following pelvic fracture urethral injury. Sex Med Rev. 2018:6(1):114-123 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28757357/

[8] Esposito K et al. Effect of lifestyle changes on erectile dysfunction in obese men: a randomized controlled trial. JAMA. 2004;291(24):2978-84 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15213209/

[9] Hsiao W. et al. Exercise is associated with better erectile function in men under 40 as evaluated by the International Index of Erectile Function. J Sex Med. 2012;9(2):524-30 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22145804/

 

Dieser Artikel dient nur allgemeinen Informationszwecken und beabsichtigt nicht, eine medizinische Behandlung in irgendeiner Form zu fördern und ist kein Ersatz für die Konsultation eines professionellen Arztes. Bitte wenden Sie sich an Ihren Arzt, um eine persönliche medizinische Beratung zu erhalten. Für einen medizinischen Rat sollten Sie immer den Rat eines Arztes oder eines anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleisters einholen.

Mehr als die Hälfte aller Männer leidet in gewissem Maße an ED. Durch sexuelle Stimulation werden Signale vom Gehirn an den Penis weitergeleitet, die dazu führen, dass sich das schwammartige Gewebe im Penisschaft mit Blut füllt. Eine Unterbrechung dieses Prozesses führt zu ED, die durch Schwierigkeiten gekennzeichnet ist, überhaupt eine Erektion zu bekommen, sie lange genug für ein vollständiges sexuelles Erlebnis aufrechtzuerhalten oder zwar eine Erektion zu bekommen, aber nicht dauerhaft. Eine Vielzahl von Faktoren ist an der Entwicklung von ED beteiligt: körperliche Bedingungen, psychologische Ursachen und Lebensstil Entscheidungen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Bereiche der ED, einschließlich möglicher Behandlungsoptionen.

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