Spermizide – Wie wirksam ist das chemische Verhütungsmittel?

Scheuen Sie sich vor hormonellen Verhütungsmitteln, die mit einigen Nebenwirkungen und Komplikationen in Verbindung gebracht werden, haben aber zugleich Angst vor geplatzten Kondomen? Dann bieten Spermizide zusätzliche Sicherheit. Jedoch muss auch diese chemische Verhütung gründlich durchgeführt werden, um eine hohe Wirksamkeit zu ermöglichen. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Spermizide überhaupt sind, wie sie wirken und wieso sie nur als ergänzende Verhütungsmethode in Frage kommen!

Was ist Spermizid?

Das Spermizid ist ein chemisches Verhütungsmittel, das dazu entwickelt wurde, Spermien abzutöten oder ihre Beweglichkeit stark zu beeinträchtigen, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Es gibt verschiedene Formen der Spermizid-Verhütung, darunter spermizide Cremes, Gele, Schäume, Filme und Zäpfchen.

Spermizide enthalten Wirkstoffe, die die Zellmembran der Spermien zerstören, sodass sie sich nicht mehr bewegen können und somit keine Eizelle befruchten können. Der am häufigsten verwendete Wirkstoff in Spermiziden ist Nonoxynol-9. [1]

Häufige Formen von Spermiziden

Auch wenn Spermizide oft denselben Wirkstoff enthalten, gibt es diverse Anwendungsmethoden, um die Wirkung dieser Substanz in der Vagina zu ermöglichen:

Wie funktionieren Spermizide?

Sobald das Spermizid in die Vagina eingeführt wird, beginnt es, die Spermien zu inaktivieren. Der Wirkstoff zerstört die Zellmembran der Spermien, was ihre Beweglichkeit einschränkt und sie daran hindert, die Eizelle zu erreichen und zu befruchten. Durch die chemische Wirkung wird ein Hindernis für die Spermien geschaffen, das den Eintritt in den Gebärmutterhals verhindert.

Wie gut ist die Wirkung dieser chemischen Verhütungsmittel?

Bei der Betrachtung der Wirksamkeit von Spermiziden sprechen wir hier ausschließlich über die Verhütung einer Schwangerschaft und nicht über den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten.

Perfekte Nutzung: Bei perfekter Nutzung, also wenn die genauen Anweisungen immer befolgt werden, haben chemische Verhütungsmittel einen Pearl Index von 18. Dies bedeutet, dass von 100 Frauen, die Spermizide als einzige Verhütungsmethode verwenden und die Anweisungen genau befolgen, etwa 18 innerhalb eines Jahres schwanger werden.

Bei typischer Nutzung, das heißt, wenn die genauen Anweisungen nicht immer befolgt werden, sind vaginale Spermizide zu etwa 82 Prozent wirksam. [2]

Spermizide + Kondom

Die Wirksamkeit von ca. 82 Prozent ist für die meisten Menschen nicht ausreichend, da dies immer noch eine beträchtliche Chance von 18 Prozent auf eine Schwangerschaft nach einem Jahr bedeutet.

Spermizide wirken am besten zur Schwangerschaftsverhütung, wenn sie zusammen mit einer anderen Form der Empfängnisverhütung, z.B. Kondomen, verwendet werden. Die zusätzliche Verhütung mit Barrieremethoden erhöhen nicht nur die Wirksamkeit der Empfängnisverhütung, sondern bieten auch Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Die Kombination von Spermiziden und Kondomen erhöht die Verhütungswirksamkeit auf 95-99 Prozent. [3]

Wie funktioniert die Anwendung chemischer Verhütungsmittel?

Spermizide sollten gemäß den Anweisungen auf der Packung angewendet werden. Die verschiedenen Formen erfordern unterschiedliche Anwendungsmethoden:

• Verhütungsgele und -schäume: Mit einem Applikator direkt vor dem Geschlechtsverkehr in die Vagina einführen.
• Filme und Scheidenzäpfchen zur Verhütung: Mindestens 10 bis 15 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr einführen, um genügend Zeit zum Auflösen und Aktivieren zu haben.

Weitere Tipps für maximale Wirksamkeit:

• Platzieren Sie das Spermizid tief in der Vagina, um den Gebärmutterhals abzudecken.
• Verwenden Sie immer die richtige Menge Spermizid, wie auf der Packung angegeben.
• Überprüfen Sie das Verfallsdatum, bevor Sie ein Spermizid verwenden, und verwenden Sie keine abgelaufenen Produkte.
• Tragen Sie Spermizid jedes Mal neu auf, wenn Sie Geschlechtsverkehr haben.
• Bei Verwendung mit einem Diaphragma oder einer Portiokappe sollten diese mindestens 6 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr an Ort und Stelle bleiben.
• Verzichten Sie mindestens 6 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr auf Spülungen oder Duschen (Spülungen werden generell nicht empfohlen). [4]

Vorteile von chemischen Verhütungsmitteln

Spermizide sind hormonfrei und daher relativ nebenwirkungsarm. Sie bieten vor allem folgende Vorteile:

1. Kosten und Verfügbarkeit: Spermizide sind kostengünstig und leicht zu transportieren. Sie sind in Lebensmittelgeschäften, Drogerien und Supermärkten weit verbreitet und ohne Rezept erhältlich.
2. Hormonfrei: Spermizide enthalten keine Hormone und beeinträchtigen daher nicht den natürlichen Rhythmus des Körpers.
3. Einfache Anwendung: Spermizide sind relativ einfach anzuwenden und erfordern keine ärztliche Verschreibung. Sie sind in Apotheken und Drogerien leicht erhältlich.
4. Kombinierbar mit anderen Methoden: Wenn Spermizide zusammen mit anderen Barrieremethoden wie Kondomen, Diaphragmen oder Portiokappen verwendet werden, lässt sich der Schutz vor einer Schwangerschaft entscheidend verbessern.

Nachteile von chemischen Verhütungsmitteln

Leider hat die chemische Verhütung entscheidende Nachteile, wodurch sie als alleinige Verhütungsmethode nie empfehlenswert sind:

1. Genaues Timing erforderlich: 

   1. Spermizide müssen weniger als 30 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr und idealerweise weniger als 20 Minuten vorher eingeführt werden

   2. Vaginalzäpfchen zur Verhütung müssen aber mindestens 10 bis 15 Minuten zuvor eingeführt werden, da diese Spermizid-Zäpfchen Zeit zum Auflösen benötigen.

   3. Für jeden Geschlechtsverkehr muss eine neue Dosis aufgetragen werden.

   4. Die Wirksamkeit von Spermiziden hält nur etwa 45 Minuten an, was bedeutet, dass der Geschlechtsverkehr innerhalb dieses Zeitraums stattfinden sollte. Wenn der/die Partner/in unter verzögertem Samenerguss leidet, kann das problematisch werden.

2. Zusätzliche Methoden erforderlich: Aufgrund der relativ hohen Versagensrate erfordert die alleinige Anwendung von Spermiziden die Kombination mit einer anderen Barrieremethode, um eine höhere Wirksamkeit zu gewährleisten.
3. Keine STI-Prävention: Spermizide bieten keinen Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Daher ist es wichtig, sie mit Kondomen zu kombinieren, um sich sowohl vor Schwangerschaft als auch vor STDs zu schützen.
4. Nebenwirkungen: Nebenwirkungen sind relativ selten, können jedoch nicht ausgeschlossen werden.  Einige Frauen und Männer können Hautausschlag, Rötungen, Reizungen oder Juckreiz erfahren. Weitere seltene Nebenwirkungen bei Frauen können trüber oder blutiger Urin, häufiges Wasserlassen, Schmerzen in der Blase oder im Unterbauch, dickflüssiger, weißer oder käseartiger vaginaler Ausfluss, vaginale Reizungen, Rötungen, Ausschlag, Trockenheit oder weißlicher Ausfluss sein. [5]

Kauftipps für Spermizide

Spermizide sind in Deutschland leicht erhältlich und können in verschiedenen Verkaufsstellen erworben werden, wie zum Beispiel:

• Apotheken: Spermizide sind in den meisten Apotheken erhältlich. Hier können Sie auch Beratung und Informationen zur richtigen Anwendung erhalten.
• Drogerien: Große Drogerieketten wie dm oder Rossmann führen ebenfalls Spermizide in ihrem Sortiment.
• In vielen Supermärkten: Große Geschäfte bieten in ihrem Sortiment an Intimpflegeprodukten auch Spermizide an.
• Online-Händler: Spermizide können bequem online bei verschiedenen Versandapotheken oder spezialisierten Online-Shops bestellt werden.

Neben reinen Spermizidprodukten gibt es auch andere Verhütungsmittel, die Spermizide enthalten. Dazu gehören:

1. Kondome mit Spermizid: Einige Kondommarken bieten Kondome an, die mit einem spermiziden Gleitmittel beschichtet sind. Diese bieten zusätzlichen Schutz und sind ebenfalls in Apotheken, Drogerien und online erhältlich.
2. Diaphragmen und Portiokappen: Diese Barrieremethoden können zusammen mit Spermizidcremes oder -gels verwendet werden, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.

Verschreibungspflicht und Erstattungsfähigkeit

Spermizide sind in Deutschland rezeptfrei erhältlich. Sie benötigen keine ärztliche Verschreibung, um diese Produkte zu kaufen.

In der Regel werden Spermizide nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Sie müssen diese Kosten selbst tragen. Es ist jedoch immer ratsam, sich bei der eigenen Krankenkasse zu erkundigen, ob es spezielle Regelungen oder Erstattungsmöglichkeiten gibt. [6]

Häufig gestellte Fragen

Wie zu vielen Verhütungsmitteln, gibt es viele Fehlannahmen und Unklarheiten, die wir aus dem Weg räumen möchten.

Gibt es andere chemische Verhütungsmethoden?

Ja, neben Spermiziden gibt es weitere chemische Verhütungsmethoden, die auf verschiedenen Wirkmechanismen basieren. Hierzu zählen unter anderem, die Antibabypille (z.B. Kombipillen oder Gestagenpillen), der Verhütungsring und die Hormonspirale, die ebenfalls chemische Wirkstoffe verwenden, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Allerdings nehmen sie nicht Einfluss auf die Spermien des Mannes, sondern auf die Fruchtbarkeit der Frau.

Sind höhere Dosen sicherer?

Eine Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von fünf verschiedenen Spermiziden über einen Zeitraum von sechs bis sieben Monaten. Dabei wurden drei Gele mit 52,5 mg, 100 mg und 150 mg Nonoxynol-9 pro Dosis sowie ein Film und ein Zäpfchen, die jeweils 100 mg Nonoxynol-9 pro Dosis enthielten, miteinander verglichen.

• 52,5 mg Gel: 22 Prozent Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft
• 100 mg Gel: 16 Prozent Wahrscheinlichkeit
• 150 mg Gel: 14 Prozent Wahrscheinlichkeit
• 100 mg Film: 12 Prozent Wahrscheinlichkeit
• 100 mg Zäpfchen: 10 Prozent Wahrscheinlichkeit

Es scheint also, dass die Dosis eine geringfügige Rolle spielt und eher die Verabreichungsform des Spermizides entscheidender ist. Zäpfchen, wie zum Beispiel Schaumzäpfchen zur Verhütung, könnten wirksamer als Gele sein. [7]

Ist Kondom+Spermizid sicherer als Verhütungspillen?

Die Sicherheit ist in etwa gleich:

• Kondom + Spermizid
  • Typische Nutzung: 2 bis 5 Schwangerschaften pro 100 Frauen pro Jahr
  • Perfekte Nutzung: 1 bis 2 Schwangerschaften pro 100 Frauen pro Jahr
• Kombipillen
  • Typische Nutzung: 4-7 Schwangerschaften pro 100 Frauen pro Jahr
  • Perfekte Nutzung: 2 Schwangerschaften pro 100 Frauen pro Jahr

Beide Optionen sind äußerst sicher, Sie müssen also in der Regel nicht zusätzlich eine Verhütungspille kaufen, wenn Sie bereits mit Kondomen und Spermiziden verhüten. [8]

Obwohl Spermizide alleine nur sehr schlecht gegen Schwangerschaften und überhaupt nicht gegen Sexualkrankheiten schützen, sind sie eine relativ unaufwendige, ergänzende Verhütungsmethode für Barrieremethoden wie Kondome.

Quellen:

1. Xu M, Zhao M, Li RHW, et al. Effects of nonoxynol-9 (N-9) on sperm functions: systematic review and meta-analysis. Reprod Fertil. 2022;3(1):R19-R33. Published 2022 Feb 21. doi:10.1530/RAF-21-0024 

2. Sexual and Reproductive Health, Alberta Health Services. Vaginal spermicides. MyHealth.Alberta.ca. April 10, 2023. https://myhealth.alberta.ca/sexual-reproductive-health/birth-control/non-hormonal-birth-control/vaginal-spermicides

3. Condoms and Spermicides. Penn State Behrend. https://behrend.psu.edu/student-life/student-services/health/services/contraceptive-services/condoms-and-spermicides

4. Kristina Iavarone. 6 spermicide options and how they work. Medical News Today. February 24, 2022. https://www.medicalnewstoday.com/articles/spermicide

5. Spermicide (Vaginal Route). Mayo Clinic. May 01, 2024. https://www.mayoclinic.org/drugs-supplements/spermicide-vaginal-route/side-effects/drg-20070769

6. SPERMIZIDE - CHEMISCHE VERHÜTUNGSMITTEL Jenapharm GmbH & Co. KG. https://www.meineverhuetung.de/verhuetungsmethoden/alle-methoden/spermizide

7. Raymond EG, Chen PL, Luoto J; Spermicide Trial Group. Contraceptive effectiveness and safety of five nonoxynol-9 spermicides: a randomized trial. Obstet Gynecol. 2004;103(3):430-439. doi:10.1097/01.AOG.0000113620.18395.0b 

8. Teal S, Edelman A. Contraception Selection, Effectiveness, and Adverse Effects: A Review. JAMA. 2021;326(24):2507-2518. doi:10.1001/jama.2021.21392 

Dieser Artikel dient nur allgemeinen Informationszwecken und beabsichtigt nicht, eine medizinische Behandlung in irgendeiner Form zu fördern und ist kein Ersatz für die Konsultation eines professionellen Arztes. Bitte wenden Sie sich an Ihren Arzt, um eine persönliche medizinische Beratung zu erhalten. Für einen medizinischen Rat sollten Sie immer den Rat eines Arztes oder eines anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleisters einholen.