Was sind Generika? Wie konkurrieren Generika mit Markenarzneimitteln? Wie werden diese Medikamente hergestellt, reguliert und vermarktet? In diesem umfassenden Überblick erfahren Sie alles über generische Produkte.
Was sind Generika?
Ein Generikum ist ein Medikament, das so hergestellt wird, dass es einem bereits auf dem Markt befindlichen Markenmedikament in Bezug auf Darreichungsform, Sicherheit, Stärke, Art der Verabreichung, Qualität, Leistungsmerkmale und Verwendungszweck gleicht. Generika enthalten per Definition dieselben Wirkstoffe wie die bereits zugelassenen Markenmedikamente enthalten. Sie werden nach den gleichen Qualitätsstandards hergestellt und bieten die gleiche Wirkung, Sicherheit und Qualität wie das Originalpräparat.
Der Hauptunterschied liegt in ihrem Namen, ihrer Verpackung und oft auch in ihrem Preis, da sie in der Regel kostengünstiger sind als die Markenpräparate. Generika kommen auf den Markt, sobald der Patentschutz für das Originalpräparat ausläuft. [1]
Wie werden Generika-Medikamente hergestellt?
Die Herstellung von Generika kann etwas komplexer sein als das einfache Kopieren des Originals und umfasst 3 wesentliche Schritte:
Entwicklung
Bevor ein Generikum entwickelt wird, muss das Originalmedikament bereits zugelassen und auf dem Markt erhältlich sein. Nach Ablauf des Patentschutzes für das Originalpräparat können andere Unternehmen anfangen, ihre eigene Version des Medikaments zu entwickeln. Dies beginnt oft mit einer gründlichen Analyse des Originalmedikaments, um den genauen Wirkstoff und andere Bestandteile zu identifizieren.
Herstellungsprozess
Der Herstellungsprozess von Generika-Medikamenten ähnelt dem von Originalmedikamenten. Es beginnt mit der Auswahl und Prüfung der Rohstoffe. Anschließend folgen die eigentlichen Herstellungsschritte, die je nach Art des Medikaments variieren können – von der Tablettenpressung über die Herstellung von Lösungen bis hin zur Verpackung. Während des gesamten Prozesses sind strenge Qualitätskontrollen erforderlich, um sicherzustellen, dass das Endprodukt den Standards entspricht.
Bioäquivalenztests
Ein wesentlicher Schritt in der Entwicklung von Generika ist der Nachweis ihrer Bioäquivalenz zum Originalmedikament. Das bedeutet, dass sie im Körper auf die gleiche Weise funktionieren und dieselbe Wirkung erzielen. Dies geschieht durch klinische Studien, in denen zum Beispiel die Wirkung des Generikums Vardenafil mit der des Originalpräparats Levitra verglichen wird. [2]
Wie wird Herstellung und Vertrieb in Europa reguliert?
In Europa gibt es strenge Vorschriften und Richtlinien für die Herstellung und den Vertrieb von Medikamenten, einschließlich generischer Produkte. Die regulatorischen Vorschriften in Europa stellen sicher, dass Generika genauso sicher und wirksam sind wie ihre Originalgegenstücke und dass Patienten/Patientinnen Zugang zu qualitativ hochwertigen Medikamenten haben.
Zulassung
Bevor ein Generikum in Europa verkauft werden kann, muss es eine Zulassung erhalten. Dies erfolgt in der Regel durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (kurz: EMA) oder durch nationale Behörden. Die EMA überprüft die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Generikums, bevor sie eine Zulassung erteilt. [3]
Gute Herstellungspraxis
Alle Unternehmen, die Medikamente für den europäischen Markt herstellen, müssen die Gute Herstellungspraxis (kurz: GMP) einhalten. Dies sind strenge Richtlinien, die sicherstellen, dass Medikamente konsistent und von hoher Qualität sind. Die Einhaltung der GMP wird durch regelmäßige Inspektionen überprüft. [4]
Vertrieb und Überwachung
Sobald ein Generikum-Medikament zugelassen ist, kann es in Europa verkauft werden. Aber der Prozess endet hier nicht. Es gibt auch ein System zur Überwachung von Nebenwirkungen oder unerwünschten Ereignissen, das von den Behörden überwacht wird. Unternehmen sind verpflichtet, jegliche gemeldeten Probleme zu untersuchen und bei Bedarf Maßnahmen zu ergreifen.
Patentschutz und Marktexklusivität
Auch wenn der Patentschutz für das Originalmedikament abgelaufen ist, gibt es in Europa immer noch Regelungen zur Marktexklusivität. Das bedeutet, dass Generikahersteller manchmal warten müssen, bis sie ihre Produkte verkaufen können, selbst nachdem sie eine Zulassung erhalten haben.
Darüber hinaus gehen Hersteller von Originalpräparaten manchmal vor Gericht, um ihre Rechte gegen Generika nach Ablauf des Patentschutzes zu schützen. So lief beispielsweise im November 2017 der Patentschutz für das von ICOS entwickelte und von Eli Lilly unter dem Markennamen Cialis vertriebene Medikament Tadalafil gegen erektile Dysfunktion aus. Daraufhin brachten Generikahersteller ihre eigenen generischen Produkte von Tadalafil auf den Markt. Es dauerte jedoch einige Zeit, bis die Gerichte in vielen Ländern das Patent offiziell für nichtig erklärten.
Was sind die Vorteile von Generika-Medikamente?
Generische Produkte bieten sowohl direkte als auch indirekte Vorteile für alle Interessensgruppen, wobei der/die Patient/Patientin selbst besonders profitiert. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der modernen Medizin und tragen zur allgemeinen Gesundheitsversorgung bei.
Für Patienten/Patientinnen
- Kosteneffizienz: Generika sind in der Regel im Vergleich zu den Originalmedikamenten relativ günstige Arzneimittel, was bedeutet, dass Patienten/Patientinnen weniger für ihre Medikamente ausgeben müssen. [5] Wenn wir die Preise der Medikamente vergleichen, stellen wir fest, dass zum Beispiel das Generikum Sildenafil etwa um die Hälfte günstiger ist als das Original Viagra.
- Zugänglichkeit: Aufgrund ihrer geringeren Kosten können Generika auch Menschen zugänglich gemacht werden, die sich sonst teurere Markenmedikamente nicht leisten könnten. Insbesondere in Entwicklungsländern ist das für die allgemeine Gesundheitsversorgung von großem Wert. [6]
- Vielfältige Optionen: Sobald das Patent für ein Originalmedikament abgelaufen ist, können mehrere Unternehmen Generika herstellen. Dies kann zu einer größeren Auswahl an Medikamenten für Patienten/Patientinnen führen.
Für Ärzte/Ärztinnen
- Mehr Behandlungsmöglichkeiten: Ärzte/Ärztinnen können eine größere Vielfalt von Medikamenten verschreiben und dabei den finanziellen Hintergrund ihrer Patienten/Patientinnen berücksichtigen.
- Gleichbleibende Qualität: Generische Produkte müssen denselben Qualitäts-, Sicherheits- und Wirksamkeitsstandards entsprechen wie Originalmedikamente. Dies gibt Ärzten/Ärztinnen Sicherheit bei Entscheidungen für Generika. [7]
- Einfachere Verordnung von Medikamenten: Da Generika den gleichen Wirkstoff wie die Originalmedikamente verwenden, ist es für Ärzte/Ärztinnen einfacher, ihre Patienten/Patientinnen auf ein Generikum umzustellen oder ihnen ein Generikum als Erstverschreibung zu geben.
Für Hersteller
- Marktchancen: Nach Ablauf der Patente von Originalmedikamenten können Hersteller Generika produzieren und somit neue Marktsegmente erschließen. [8]
- Weniger Forschungsaufwand: Die Entwicklung eines Generikums erfordert in der Regel weniger Forschung und Entwicklung als ein neues Medikament, da das Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil des Wirkstoffs bereits bekannt ist.
- Schnellere Markteinführung: Die Zulassung von dieser “nachgemachten Medikamenten” kann schneller erfolgen als die von neuen Medikamenten, da viele Daten bereits aus den Studien des Originalmedikaments vorliegen.
Für die Umwelt
Die Produktion von Generika kann weniger ressourcenintensiv sein, da nicht so viele neue klinische Studien im Rahmen des F&E-Prozesses durchgeführt werden müssen.
Für das Gesundheitssystem
Generika helfen, die Gesamtausgaben im Gesundheitswesen zu senken, da sie weniger kosten als Originalmedikamente.
Für Apotheker/innen
Apotheker/innen können ein breiteres Sortiment an Medikamenten anbieten und gleichzeitig den Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht werden. In manchen Fällen können Sie durch den Vertrieb von Generika auch bessere Margen erzielen.
Gibt es zu jedem Original-Medikament eine generische Alternative?
Nein, es gibt in Europa für viele, aber nicht für alle Medikamente Generika. Unter anderem gibt es für Behandlungsansätze, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, ein besonders breites Angebot an Generika. Hierzu zählen zum Beispiel “Lifestyle”-Medikamente, wie Medikamente gegen Erektionsstörungen oder Haarausfall. Die Verfügbarkeit von Generika hängt von mehreren Faktoren ab. Unter anderem:
Patentschutz: Ein Generikum kann erst dann auf den Markt gebracht werden, wenn das Patent für das Originalmedikament abgelaufen ist. Viele neuere Medikamente sind durch Patente geschützt, die ihre exklusive Herstellung und den Verkauf für einen bestimmten Zeitraum sichern. So gibt es beispielsweise für den PDE5-Hemmer Avanafil, der am 21. Juni 2013 von der EMA zur Behandlung von erektiler Dysfunktion zugelassen wurde und unter dem Markennamen Spedra vertrieben wird, noch kein zugelassenes Generikum.
Marktexklusivität: Selbst wenn ein Patent abgelaufen ist, kann es Regelungen zur Marktexklusivität geben, die den Verkauf von Generika für eine zusätzliche Zeitperiode einschränken.
Wirtschaftliche Überlegungen: Nicht für jedes Originalmedikament wird ein Generikum entwickelt. Manchmal entscheiden sich Hersteller gegen die Produktion eines Generikums, weil sie nicht genug Nachfrage oder unzureichenden wirtschaftlichen Anreiz für ein günstiges Arzneimittel sehen, besonders wenn es sich um Medikamente handelt, die nur von einer kleinen Anzahl von Patienten/Patientinnen benötigt werden.
Welche Tipps zum Kauf von Generika gibt es?
Beim Kauf von Generika ist es entscheidend, proaktiv zu sein und sicherzustellen, dass das Medikament sowohl Ihren Bedürfnissen entspricht als auch sicher ist. Mit der richtigen Recherche und Beratung können Generika eine wirksame und kostengünstige Alternative zu Markenmedikamenten sein.
Leider gibt es auch unter den generischen Medikamenten, viele Fälschungen, die von unlizenzierten Apotheken unsachgemäß vertrieben werden.
Befolgen Sie diese 8 Tipps zum sicheren Kauf von Generika:
- Arzt/Ärztin oder Apotheker/in konsultieren: Bevor Sie sich für ein Generikum entscheiden, sprechen Sie mit Ihrem/Ihrer Arzt/Ärztin oder Apotheker/in. Sie können über die Wirksamkeit, Sicherheit und mögliche Nebenwirkungen des Generikums im Vergleich zum Originalmedikament beraten.
- Bioäquivalenz überprüfen: Ein Generikum sollte bioäquivalent zum Originalmedikament sein, was bedeutet, dass es im Körper auf ähnliche Weise funktioniert und dieselbe therapeutische Wirkung hat.
- Verpackung und Beipackzettel prüfen: Die Verpackung und der Beipackzettel eines Generikums sollten alle notwendigen Informationen über das Medikament, seine Anwendung, Dosierung und mögliche Nebenwirkungen enthalten.
- Hersteller überprüfen: Es kann hilfreich sein, den Hersteller des Generikums zu recherchieren. Einige Hersteller haben einen besseren Ruf in Bezug auf Qualität und Zuverlässigkeit als andere.
- Preis der Medikamente vergleichen: Einer der Hauptvorteile von Generika ist ihr reduzierter Preis im Vergleich zu Markenmedikamenten. Vergleichen Sie jedoch die Preise unterschiedlicher Generika, um sicherzustellen, dass Sie den besten Wert erhalten. [9]
- Form und Dosierung beachten: Generika können in einer anderen Form oder Dosierung als das Originalmedikament erhältlich sein (z. B. Tabletten statt Kapseln). Stellen Sie sicher, dass Sie die richtige Form und Dosierung entsprechend den Anweisungen Ihres/Ihrer Arztes/Ärztin erhalten.
- Allergien und Unverträglichkeiten: Überprüfen Sie die Zusatzstoffe im generischen Produkt, insbesondere wenn Sie Allergien oder Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Substanzen haben. Manchmal können Hilfsstoffe in Generika von denen im Originalmedikament abweichen. Zum Beispiel kann Laktose als Bindemittel verwendet werden, was bei Laktose-Intoleranz suboptimal ist.
- Erfahrungen anderer Patienten/Patientinnen: Es kann nützlich sein, Erfahrungen und Bewertungen anderer Patienten/Patientinnen zu lesen, die das Generikum bereits verwendet haben, um einen besseren Einblick in dessen Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen zu erhalten.
Können bei generischen Medikamenten andere Nebenwirkungen auftreten?
Ja, es ist möglich, dass Patienten/Patientinnen bei Generika andere Nebenwirkungen erleben als bei Originalpräparaten, allerdings ist dies selten.
Generika müssen denselben Wirkstoff, dieselbe Stärke, Dosierungsform und Verabreichungsroute wie das Originalpräparat aufweisen. Das bedeutet, dass die therapeutischen Effekte und Nebenwirkungen sehr ähnlich sein sollten.
Allerdings können Generika-Medikamente unterschiedliche Hilfsstoffe (wie Füllstoffe, Bindemittel oder Farbstoffe) im Vergleich zum Originalmedikament enthalten. In seltenen Fällen könnte ein/e Patient/Patientin allergisch oder empfindlich gegen einen Hilfsstoff im Generikum, aber nicht im Originalmedikament sein, was zu unterschiedlichen Nebenwirkungen führt. Wenn Sie glauben, dass ein Generikum unerwartete Nebenwirkungen verursacht, ist es wichtig, einen Gesundheitsfachmann zu konsultieren.
Wie lange gilt das Patent für ein Originalpräparat?
Das Patent für ein neues Medikament dauert in der Regel 20 Jahre ab dem Datum der Patentanmeldung. Dies schließt jedoch die Zeit ein, die für die Entwicklung des Medikaments und den Erhalt der Zulassung durch die zuständigen Gesundheitsbehörden benötigt wird.
In der Praxis bedeutet dies, dass die tatsächliche Marktexklusivität für das Medikament, nachdem es für den Verkauf zugelassen wurde, oft weniger als 20 Jahre beträgt. Es gibt auch Situationen, in denen die Laufzeit des Patents verlängert werden kann, z.B. durch zusätzliche Zertifikate zum Schutz von Arzneimitteln in Europa. [10]
Viagra, dessen generischer Name Sildenafil ist, wurde ursprünglich von Pfizer entwickelt und patentiert. Patent für Viagra lief in den USA 2012 aus und in vielen europäischen Ländern bereits 2010 , was den Weg für Generika ebnete. Nach Ablauf des Patents begannen viele andere Unternehmen, Viagra-Generika zu produzieren und unter generischen Namen zu verkaufen. In Deutschland zählen hierzu unter anderem: 1 A pharma, Stada und Ratiopharm. [11]
Fazit
Generika sind relativ günstige Arzneimittel und daher für viele eine willkommene Alternative zu Original-Medikamenten, ohne dabei an Wirksamkeit zu verlieren. Während sie die gleichen Wirkstoffe enthalten, können Unterschiede in den Hilfsstoffen bestehen, die in seltenen Fällen zu unterschiedlichen Nebenwirkungen führen können. Es ist entscheidend, sowohl die Herkunft des Generikums als auch seine Bioäquivalenz zum Originalprodukt sorgfältig zu prüfen.
Verbraucher/innen sollten sich immer mit einem/einer Arzt/Ärztin oder Apotheker/in absprechen, bevor sie sich für ein Generikum entscheiden, und Vorsicht vor Fälschungen walten lassen, die auf dem Markt kursieren. Mit der richtigen Aufmerksamkeit und Recherche können Generika eine sichere und effektive Option für viele Patienten/Patientinnen sein.