Aktualisiert am: 14.3.23

Psychologische Faktoren im Zusammenhang mit erektiler Dysfunktion

Healthandgo Redaktionsteam Logo
Geschrieben von
M.D. Neil A. Halder, Facharzt für Urologie, Subspezialität: Uro-Onkologie
Überprüft von
15.09.2022
Geschrieben von
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M.D. Neil A. Halder, Facharzt für Urologie, Subspezialität: Uro-Onkologie
15.09.2022

Psychische Probleme können bei Männern aller Altersgruppen zu erektiler Dysfunktion (ED) führen, sind aber bei jüngeren Männern häufiger der Fall. Zu den psychischen Erkrankungen, die ED verursachen können, gehören Stress, Angst, Leistungsdruck, geringes Selbstwertgefühl und Depressionen. Mehrere dieser Erkrankungen sind durch eine Überaktivität des sympathischen Nervensystems gekennzeichnet, das die Freisetzung von Noradrenalin verursacht, das die Arterien, die den Penis mit Blut versorgen, verengt. In diesem Artikel gehen wir näher auf die verschiedenen psychologischen Ursachen ein und untersuchen, wie Beziehungsprobleme und der übermäßige Konsum von Pornografie mit ED zusammenhängen.

Die Ätiologie der ED kann komplex sein. Medizinische Probleme können eine ED verursachen, aber auch psychische Bedingungen spielen eine Rolle. Die Feststellung, ob psychologische oder emotionale Faktoren zur ED beitragen, kann schwierig sein, aber das Verständnis der zugrundeliegenden Ursache ist der Schlüssel zur Suche nach der richtigen Behandlung.

Hat meine ED eine psychische Ursache?

ED betrifft Männer aller Altersgruppen. Es wird angenommen, dass psychogene ED häufiger bei jüngeren Männern auftritt [1], was höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass die mit ED assoziierten körperlichen Krankheiten durchschnittlich mit dem Alter zunehmen. Männer, deren ED eine psychologische Ursache hat, haben in der Regel plötzlich auftretende Erektionsschwierigkeiten, können aber oft noch eine Erektion für die Masturbation erreichen und haben normale nächtliche Erektionen. [2]

Welcher Zusammenhang besteht zwischen psychischen Problemen und ED?

Psychische Erkrankungen verringern oft die Libido, sodass es allgemein schwieriger wird, in sexuellen Situationen erregt zu werden. Sie werden auch mit der Aktivierung des sympathischen Nervensystems in Verbindung gebracht, das durch die Freisetzung von Noradrenalin eine anti-erektile Wirkung hat. [3] Noradrenalin hat eine verengende Wirkung auf die Arterien.

Stress und Ängste

Stress ist eine emotionale Belastung, die dadurch entsteht, dass Sie sich bedroht oder unter Druck gesetzt fühlen und Angst ist mindestens ein Gefühl des Unwohlseins. Beide Gefühle sind in Maßen normal, können aber bei Übermaß auf eine zugrunde liegende psychische Störung hinweisen.

Akuter Stress oder Angst im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereignis kann die Libido vorübergehend verringern, was die Fähigkeit, eine Erektion zu bekommen, beeinträchtigen kann.

Sowohl Stress als auch Angst stimulieren die anti-erektilen Wirkungen des sympathischen Nervensystems. Durch die Verengung der Arterien infolge der Wirkung von Noradrenalin wird der Blutfluss zum Penis verringert, so dass sich die Schwellkörper nicht mehr ausreichend füllen können.

Die ED selbst kann wiederum Angstgefühle auslösen; ein Versagen der Leistung kann bei folgenden sexuellen Begegnungen zu Stress führen.

Leistungsangst und geringes Selbstwertgefühl

Unter Leistungsangst versteht man das Gefühl, Angst vor der eigenen Leistung beim Sex zu haben. Bis zu 25% der Männer sind davon betroffen. [4] Die Angst entsteht durch negative Gefühle in Bezug auf das Körperbild, das Gewicht oder die Fähigkeit, eine/-n Partner/-in zu befriedigen. Wenn ängstliche Gefühle aufkommen, wird das sympathische Nervensystem aktiviert, was die Fähigkeit, eine Erektion zu bekommen, beeinträchtigt. Wiederholte Angstepisoden können eine Beziehung belasten und die Leistungsangst weiter verschlimmern.

Beziehungsprobleme

Beziehungsprobleme können den Sex mit einem Partner seltener machen, wenn sich keiner von beiden aufgrund von Spannungen lustvoll fühlt. Beziehungsprobleme selbst verursachen jedoch nicht direkt ED.

Wiederkehrende Episoden von ED können dazu führen, dass sich ein Mann entmannt fühlt und sein Selbstwertgefühl sinkt. Auch die Partner/-innen von Männern mit ED sind davon betroffen. Sie machen sich möglicherweise Sorgen über mangelnde sexuelle Begehrlichkeit oder vermuten Untreue. Beide Faktoren können zu Beziehungsproblemen führen oder diese verschlimmern. Daher ist eine klare Kommunikation innerhalb der Beziehung von entscheidender Bedeutung, um die Bedenken beider Parteien zu berücksichtigen.

Depression

Depressionen sind durch ein lang anhaltendes oder wiederkehrendes Stimmungstief gekennzeichnet. Die meisten Menschen mit Depressionen empfinden negative Gefühle sich selbst betreffend, was ihre Lust auf Sex einschränkt. Depressive Verstimmung und mangelnde Motivation können zu einer unbefriedigenden sexuellen Erfahrung führen, die, wenn sie regelmäßig auftritt, die Stimmung noch weiter verschlechtern kann.

In der medizinischen Fachliteratur wurde ein Zusammenhang zwischen Depressionen und ED nachgewiesen. In einer Meta-Analyse (eine Studie, die die Ergebnisse vieler Studien zusammenfasst) wurde ein um 39 % erhöhtes Risiko für ED bei Männern mit Depressionen festgestellt. [5] In derselben Studie wurde auch berichtet, dass das Vorhandensein von ED das Risiko eines Mannes, an einer Depression zu erkranken, fast verdreifacht.

Antidepressiva, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, werden ebenfalls mit der Verursachung von ED in Verbindung gebracht.

Exzessiver Pornographiekonsum

Pornografie stellt Sex oft in einem unrealistischen Licht dar. Männer, die exzessiv Pornografie schauen, haben möglicherweise eine verzerrte Vorstellung davon, wie Sex sein sollte und fühlen sich mit der Realität nicht mehr zufrieden. Dies könnte zu Schwierigkeiten bei der Erektion beitragen.

Eine Forschungsstudie, die die Häufigkeit von ED bei jungen Männern untersuchte, fand keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Pornosucht und ED, stellte aber fest, dass Männer, die Pornografie dem Sex mit einer/-m  Partner/- in vorzogen, ein deutlich höheres Risiko für ED hatten. [6] Eine andere Studie zeigte wiederum keinen Zusammenhang zwischen dem Anschauen von Pornografie im Internet und ED, aber Männer, die angaben, nach Internetpornografie süchtig zu sein, hatten mit größerer Wahrscheinlichkeit irgendeine Form von sexueller Dysfunktion. [7]

Behandlungsmöglichkeiten für psychogen bedingte ED

Die Kommunikation mit Ihrem Partner und Ihrem Arzt in Bezug auf ED-Symptome und Bedenken über mögliche zugrunde liegende psychische Erkrankungen ist der erste Schritt, um diese anzugehen. Ihr Partner macht sich vielleicht Sorgen, die Sie lindern können, indem Sie ihm helfen, zu verstehen, was passiert ist.

Techniken zum Stressabbau und zur Verbesserung des Wohlbefindens - wie z.B. Yoga und Achtsamkeit - spielen eine Rolle bei der Reduzierung von Stress und Angstzuständen.

Die Einnahme von ED-Medikamenten kann kurzfristig zu einer Verbesserung der ED-Symptome führen. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass die Einnahme von Medikamenten zusammen mit einer kognitiven Verhaltenstherapie (eine Therapie, die sich darauf konzentriert, die Art und Weise, wie wir über etwas denken, zu ändern, um die emotionale Regulierung zu verbessern) im Vergleich zur alleinigen Einnahme von Medikamenten bessere Ergebnisse erzielt [8].

Quellen:

[1] Yafi FA. et al. Erektile Dysfunktion. Nat Rev Dis Primers 2016;4(2):16003 Erectile dysfunction - PubMed (nih.gov)

[2] Nguyen HMT, Gabrielson AT & Hellstron WJG. Erektile Dysfunktion bei jungen Männern - ein Überblick über die Prävalenz und Risikofaktoren. Sex Med Rev. 2017;5(4):508-520 Erectile Dysfunction in Young Men-A Review of the Prevalence and Risk Factors - PubMed (nih.gov)

[3] Cripps SM, Mattiske DM & Pask AJ. Erektile Dysfunktion bei Männern auf dem Vormarsch: Gibt es einen Zusammenhang mit endokrin wirksamen Chemikalien? Sex Dev. 2021;15(1-3):187-212 Erectile Dysfunction in Men on the Rise: Is There a Link with Endocrine Disrupting Chemicals? - PubMed (nih.gov)

[4] Pyke RE. Sexuelle Leistungsangst. Sex Med Rev. 2020;8(2):183-190 Sexual Performance Anxiety - PubMed (nih.gov)

[5] Liu Q et al. Erektile Dysfunktion und Depression: eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse. J Sex Med. 2018;15(8):1073-1082 Erectile Dysfunction and Depression: A Systematic Review and Meta-Analysis - The Journal of Sexual Medicine (jsexmed.org)

[6] Berger JH et al. Umfrage zur sexuellen Funktion und Pornografie. Mil Med. 2019;184(11-12):731-737 Survey of Sexual Function and Pornography - PubMed (nih.gov)

[7] Whelan G & Brown J. Pornografiesucht: eine Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Konsum, wahrgenommener Abhängigkeit, erektiler Dysfunktion, vorzeitiger (früher) Ejakulation und sexueller Zufriedenheit bei Männern im Alter von 18 bis 44 Jahren. J Sex Med. 2021;18(9):1582-1591 Pornography Addiction: An Exploration of the Association Between Use, Perceived Addiction, Erectile Dysfunction, Premature (Early) Ejaculation, and Sexual Satisfaction in Males Aged 18-44 Years - PubMed (nih.gov)

[8] Khan S, Amjad A & Rowland D. Potenzial für einen langfristigen Nutzen der kognitiven Verhaltenstherapie als Zusatzbehandlung für Männer mit erektiler Dysfunktion. J Sex Med. 2019;16(2):300-306 Potential for Long-Term Benefit of Cognitive Behavioral Therapy as an Adjunct Treatment for Men with Erectile Dysfunction - PubMed (nih.gov)

Dieser Artikel dient nur allgemeinen Informationszwecken und beabsichtigt nicht, eine medizinische Behandlung in irgendeiner Form zu fördern und ist kein Ersatz für die Konsultation eines professionellen Arztes. Bitte wenden Sie sich an Ihren Arzt, um eine persönliche medizinische Beratung zu erhalten. Für einen medizinischen Rat sollten Sie immer den Rat eines Arztes oder eines anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleisters einholen.

Psychische Probleme können bei Männern aller Altersgruppen zu erektiler Dysfunktion (ED) führen, sind aber bei jüngeren Männern häufiger der Fall. Zu den psychischen Erkrankungen, die ED verursachen können, gehören Stress, Angst, Leistungsdruck, geringes Selbstwertgefühl und Depressionen. Mehrere dieser Erkrankungen sind durch eine Überaktivität des sympathischen Nervensystems gekennzeichnet, das die Freisetzung von Noradrenalin verursacht, das die Arterien, die den Penis mit Blut versorgen, verengt. In diesem Artikel gehen wir näher auf die verschiedenen psychologischen Ursachen ein und untersuchen, wie Beziehungsprobleme und der übermäßige Konsum von Pornografie mit ED zusammenhängen.

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